Was ist, was hat schon Zeutsch?

Anfang 1990 wurden die Gemeinden aufgefordert, Programme zur Dorferneuerung vorzulegen. Auch Zeutsch bewarb sich mich umfangreichen Plänen zur Neugestaltung des Dorfplatzes. Das war ein wunderbares Konzept und hätte der Dorfmitte ein einmaliges Flair gegeben. Doch Zeutsch fiel aus der engeren Wahl. Fragen Sie Warum? Der dörfliche Charakter war verloren. Es existierten keine wirklichen Bauernhöfe mehr. Einzig der Schäfer, wir sind an seiner Schäferei vorbeigelaufen, hatte Glück. Für ihn wurde ein Wirt­schaftsweg gebaut. Fragen Sie die ehemalige Bürgermeisterin Frau Beekmann, wie schwierig sich dieser Bau des Wirtschaftsweges im Vorfeld gestaltete. Hintergrund waren Wegerechte. Im Zuge der Kollektivierung in den Jahren 1950 bis 1960 wurden zwar die Felder und Wiesen in die LPG eingebracht, die Wege aber blieben im Eigentum der Bauern. So kam es, dass mancher ein Stück Weg besaß, das allenfalls 2 Meter in der Länge und einen halben Meter in der Breite maß. Für jedes dieser kleinen Wegstücke musste die schriftliche Genehmigung des Eigentümers dafür eingeholt werden, dass sein Stück als Teil einer Straße genutzt werden darf. Über dreißig Leute betraf das. Eine Sisyphusarbeit für die Gemeinde. Verzeiht, ich schweife ab.

Die Umgehungsstraße. Alles hat zwei Seiten. Kommt es doch im Zuge des Straßenbaus zu völlig neuen Erkenntnissen über die Besiedlung des Areals in und um Zeutsch.

Tonscherben mit Verzierungen, Werkzeuge aus der Eisenzeit, ungefähr zweitausend Jahre alt, fanden sich. Sie sehen, es ist und es wird noch spannend.

Der Baulärm und der Güterzug, der mit seinen leeren Kesselwagen einen höllischen Lärm verursacht, sind die einzigen Geräusche an diesem Vormittag. Auf den Straßen und Gassen des Dorfes ist es still. Keine Menschenseele ist zu sehen. „Das Dorf wirkt wie ausge­storben“, komme ich nicht umhin festzustellen.

„Da haben Sie recht. Das war nicht immer so. Vielleicht findet sich Zeit, über die Menschen, die hier leben und über die, die früher hier gelebt haben, zu sprechen. Noch heute gibt es Familien, die ihre Wurzeln beinahe vierhundert Jahre hier haben.“