Amors Kirschkern
Sean
Ich knabbere immer noch daran. Es hat mich ganz schön getroffen. In jeder Hinsicht. Vorher habe ich nie groß über mich nachgedacht. Die Welt war, wie sie war, die Menschen wie sie nun mal sind, es gab oben und unten, falsch und richtig.
Meine Freunde heirateten: eine Frau, ein Haus, Kinder, einen Hund. Sehr viel angebundener geht es nicht. Ich war nie ein Jäger, eher ein Gejagter und je bekannter ich wurde, umso mehr habe ich mir das Image des grimmigen Frauenverächters zugelegt. Ich habe mich nie einfangen lassen und war immer stolz darauf, nur mein eigenes Ding zu machen. Versuche ich immer noch, aber irgendwie funktioniert es nicht mehr so gut wie früher. Da war ich gerne allein, draußen im Wald, beim Klettern oder wochenlang im Boot, war stolz darauf und brüstete mich damit: keine Hypothek, keine Ehefrau, nur meine Freiheit.
Heute sehe ich Ricarda überall und wünsche mir, sie wäre bei mir. Würde neben mir sitzen und ich könnte ihre Öfchenwärme spüren, die sie ganz bestimmt ausstrahlen würde. Dabei kenne ich nicht einmal ihren Nachnamen, habe keine Nummer, unter der ich sie erreichen kann.